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Monitoring-Stelle UN-BRK - Parallelbericht (7)

Artikel 30: Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport

Teilhabe am kulturellen Leben

Die Möglichkeiten von Menschen mit Behinderungen, Kulturschaffende und Künstler*innen zu werden, ist zweifach eingeschränkt: Zugang zu den Künsten und zu sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in einer Kunst- oder Kulturinstitution besteht zum einen nur mit einem Studium an einer Kunst- oder Musikhochschule. Zum anderen finden für die dortige Studienplatzvergabe die ansonsten beim Hochschulstudium im Fall einer gesundheitlichen Einschränkung angewandten Nachteilsausgleiche keine Anwendung.

Im regulären Kunst- und Kulturbetrieb sind so wenig Kunst- und Kulturschaffende mit Behinderungen tätig, dass über sie keine statistisch signifikanten Aussagen gemacht werden können. Forschungen der letzten Jahre zeigen, dass die Film- und Theaterbranchen stark von ableistischen Strukturen und Handlungsweisen geprägt sind. Infolge des Ausschlusses aus regulären Kunst- und Kulturbetrieben existiert ein großer Bereich der „inklusiven kulturellen Bildung und Kulturarbeit“. Dieser soll Menschen mit Behinderungen ermöglichen, sich kulturell und künstlerisch zu bilden und auszudrücken. Gleichzeitig stellt er aber eine Sonderkultur dar, die neben dem regulären Kunst- und Kulturbetrieb existiert und zum Teil auch an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen angebunden ist.


Trotz zunehmender Leistungen zur gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe besuchen Menschen mit Behinderungen weitaus seltener kulturelle Veranstaltungen als nichtbehinderte Menschen; Frauen mit Behinderungen noch weniger als Männer mit Behinderungen. Eine Migrationsgeschichte verringert die Teilhabe noch mehr.


Obwohl Bibliotheken wichtige öffentliche kulturelle Räume darstellen, verfügt die große Mehrheit von ihnen (97,41 %) über keine Haushaltsmittel für Barrierefreiheit und Inklusion. Öffentliche Bibliotheken und ihre Angebote sind deshalb häufig noch nicht barrierefrei zugänglich und nutzbar.


Der allgemeine Kunst- und Kulturbetrieb ist trotz seiner Bedeutung für eine inklusive Gesellschaft und für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach wie vor stark exklusiv.


Die Monitoring-Stelle regt an, dem Vertragsstaat zu empfehlen,

  • dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderungen diskriminierungsfrei und nachhaltig Zugang sowohl zu künstlerischen und kulturellen Berufen als auch zu Kunst- und Kultureinrichtungen erhalten;

  • die allgemeinen Kultur- und Kunstinstitutionen inklusiv auszugestalten, anstatt eine separierte Kunst- und Kulturlandschaft zu fördern;

  • Gründe der geringen Nutzung von Kunst-, Kultureinrichtungen und Bibliotheken durch Menschen mit Behinderungen zu erforschen und Maßnahmen für bessere Zugänglichkeit und höhere Attraktivität zu ergreifen.


Förderung der kulturellen und sprachlichen Identität gehörloser Menschen

Gehörlose Menschen in Deutschland werden in ihrer spezifischen kulturellen und gebärdensprachlichen Identität nur ungenügend anerkannt und gefördert. Das Augenmerk staatlicher Aktivität liegt darin, die Nutzung von Gebärdensprache zum Zweck des Informationsaustauschs beziehungsweise zur gesellschaftlichen Interaktion zu ermöglichen sowie die kulturelle Teilhabe von gehörlosen Menschen zu fördern. Eine Stärkung und Förderung der Deutschen Gebärdensprache in ihrer kulturellen Dimension und als Sprache an sich findet dagegen kaum statt. Im Schulbereich – selbst an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Hören – wird sie häufig immer noch nicht als gleichwertig mit der deutschen Lautsprache behandelt.


Artikel 30 Absatz 4 UN-BRK findet in Deutschland kaum Beachtung, obwohl das Bundessozialgericht bereits 2012 bestätigt hat, dass diese Norm für deutsche Behörden und Gerichte unmittelbar anwendbar ist.


Die Monitoring-Stelle regt an, dem Vertragsstaat zu empfehlen,

  • seine Anstrengungen zur Förderung der Deutschen Gebärdensprache und der Gehörlosenkultur spürbar zu verstärken, einschließlich des Bildungsbereichs.



Artikel 32: Internationale Zusammenarbeit

Kennung „Inklusion“ und Leistungsprofil „Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung und Inklusion“

Der Aktionsplan Inklusion des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde 2017 evaluiert, die Empfehlungen aus der Evaluierung jedoch in der Inklusionsstrategie nur unzureichend umgesetzt. Die empfohlene Einführung der OECD-DAC Kennung „Inklusion“ zur systematischen Erfassung, welche Mittel für die Umsetzung der UN-BRK in der Entwicklungszusammenarbeit aufgewendet werden, soll nun voraussichtlich bis 2024 eingeführt werden.


Darüber hinaus befindet sich das BMZ im Reformprozess 2030 zur Neustrukturierung der Entwicklungszusammenarbeit; dies umfasst auch das Leistungsprofil für das Qualitätsmerkmal „Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung und Inklusion”. Im Rahmen des Reformprozesses hat das BMZ die Einführung eines Beschwerdemechanismus angekündigt, dazu aber bisher keine weiteren Informationen veröffentlicht.


Deutschland wird gemeinsam mit Jordanien und der International Disability Alliance (IDA) 2025 den Global Disability Summit in Berlin ausrichten und hat mit der entsprechenden Planung begonnen.­­­ Über den Grad der Einbeziehung der Zivilgesellschaft und die Bereitstellung hierfür angemessener Ressourcen sind noch keine Aussagen möglich.


Nach längerer Stagnation geht das BMZ nun wichtige Vorhaben zur Umsetzung von Artikel 32 an. Inklusion und Menschenrechte sollen verbindliche Bestandteile sein sowohl in den standardisierten Prozessen innerhalb des BMZ (wie etwa Länderstrategien) als auch in den Durchführungsorganisationen (zum Beispiel im Rahmen der Zielgruppenanalysen und Prüfverfahren). Es bleibt zu prüfen, inwieweit die Inklusionsstrategie durch das Leistungsprofil „Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung und Inklusion“ ausreichend umgesetzt wird. Die Einführung eines Beschwedemechanismus ist längst überfällig. Hierbei sollte die barrierefreie Zugänglichkeit für alle Zielgruppen maßgebend sein und weitere wichtige Qualitätskriterien wie Transparenz, Unabhängigkeit und Berechenbarkeit gewährleistet werden.


Die Monitoring-Stelle regt an, dem Vertragsstaat zu empfehlen,

  • bei der Einführung der OECD-DAC Kennung „Inklusion“ größtmögliche Transparenz zu gewährleisten, Zielgrößen für die Umsetzung der UN-BRK festzulegen und die Anwendung zu evaluieren;

  • beim Leistungsprofil „Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung und Inklusion sicherzustellen, dass Kriterien und Förderquoten für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und Menschenrechte erarbeitet werden und Inklusion verbindlicher Bestandteil bei allen Zielgruppenanalysen sowie Sektor- und Länderstrategien wird;

  • sicherzustellen, dass der einzuführende Beschwerdemechanismus niedrigschwellig und für alle Zielgruppen barrierefrei zugänglich ist;

  • für die Planung und Durchführung des Global Disability Summits 2025 ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen und die Zivilgesellschaft frühzeitig zu beteiligen.



Artikel 33: Innerstaatliche Durchführung und Überwachung

Rolle der Focal Points und Partizipation bei den Landesaktionsplänen zur UN-BRK

Einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK haben mittlerweile alle Bundesländer verabschiedet. Die Koordination, Federführung und Umsetzungsteuerung bei den Aktionsplänen übernehmen so genannte Focal Points, die meist beim Sozialministerium angesiedelt sind. Die Aktionspläne selbst enthalten unterschiedliche Regelungen zur Beteiligung der Zivilgesellschaft bei Umsetzungssteuerung, Evaluation und Fortschreibung der Pläne. Die Focal Points leisten gute Arbeit, werden allerdings von den anderen Ressorts oft nicht genügend unterstützt: Häufig mangelt es an Bewusstsein für Disability Mainstreaming und an Engagement, und die Focal Points müssen die Ressorts dazu drängen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Blick zu behalten und ihren Verpflichtungen nachzukommen. Ein wirksames, strukturell abgesichertes Disability Mainstreaming findet in den wenigsten Ministerien statt.


Die Mittel der Focal Points reichen in der Regel nicht aus, um die Umsetzung der Konvention zu steuern und die Zivilgesellschaft bei Aktionsplänen vollumfänglich zu beteiligen. Darüber hinaus haben die Focal Points zu wenige interne Befugnisse und Unterstützung, um die Umsetzung der Konvention effektiv zu steuern.


Seit der Verabschiedung der ersten Aktionspläne kurz nach Ratifikation der UN-BRK ist eine kontinuierliche Verbesserung der Partizipation sowie der Pläne selbst zu beobachten. Grundsätzlich ist ein redliches Bemühen der Landesregierungen erkennbar, die Zivilgesellschaft an der Erar­beitung von Aktionsplänen angemessen zu beteiligen.


Die Monitoring-Stelle regt an, dem Vertragsstaat zu empfehlen,

  • die Focal Points mit genügend Befugnissen, Mitteln und Personal auszustatten, damit diese ihre Aufgabe nach Artikel 33 UN-BRK erfüllen und die Zivilgesellschaft vollumfänglich beteiligen können;

  • in allen Ressorts ein Disability Mainstreaming zu betreiben, das von der jeweiligen Hausspitze getragen und strukturell verankert wird;

  • Aktionspläne in breiten und niedrigschwelligen Beteiligungsverfahren mit Menschen mit Behinderungen fortzuschreiben und diese auch an Umsetzung und Evaluation der Pläne zu beteiligen.

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